Untersuchungen nach der Geburt: Alles, was du über die ersten Checks deines Babys wissen solltest
Die ersten Stunden nach der Geburt sind für dich und dein Baby besonders. Neben dem ersten Kennenlernen stehen auch wichtige Untersuchungen an, die sicherstellen sollen, dass dein Baby gesund ist und gut ins Leben startet. Damit du dich gut vorbereitet fühlst, erklären wir dir hier alle wichtigen Vorsorgeuntersuchungen, die direkt nach der Geburt und in den ersten Lebenstagen durchgeführt werden. So kannst du informierte Entscheidungen treffen und weißt genau, was auf euch zukommt.
Die erste Untersuchung: Der Apgar-Test
Unmittelbar nach der Geburt wird der sogenannte Apgar-Test durchgeführt. Hebammen oder Ärzte prüfen dabei, wie gut sich dein Baby an die Welt außerhalb des Bauchs anpasst. Der Test wird drei Mal durchgeführt: nach 1, 5 und 10 Minuten. Dabei werden fünf Parameter überprüft:
- Atmung
- Herzfrequenz
- Muskeltonus
- Reflexe
- Hautfarbe
Jeder Parameter erhält bis zu 2 Punkte, sodass maximal 10 Punkte möglich sind. Aber keine Sorge, es muss nicht perfekt sein! Dein Baby darf dabei entspannt auf deinem Bauch liegen, ohne dass es von dir weggenommen wird.
Nabelschnurblut-Untersuchung
In vielen Kliniken wird zusätzlich das Nabelschnurblut analysiert, um die Sauerstoffversorgung während der Geburt zu überprüfen. Dabei werden der pH-Wert und der Base Excess (ein Maß für den Säure-Basen-Haushalt) gemessen. Diese Untersuchung kann wertvolle Informationen liefern, vor allem nach einer anstrengenden Geburt.
Körperliche Untersuchung: Von Kopf bis Fuß
Kurz nach der Geburt wird dein Baby gründlich untersucht:
- Gewichtsmessung: Das Geburtsgewicht ist eine wichtige Basis, da Babys in den ersten Tagen nach der Geburt bis zu 10 % ihres Gewichts verlieren können.
- Kopfumfang: Dieser wird gemessen, da sich die Kopfform nach der Geburt noch anpassen kann.
- Körperlänge: Diese ist oft nicht exakt messbar, da Neugeborene ihre Beine meist anziehen.
Vitamin-K-Gabe: Für die Blutgerinnung
Direkt nach der Geburt erhält dein Baby Vitamin K, ein essentielles Vitamin für die Blutgerinnung. Es wird als Tropfen verabreicht und später bei der U2 und U3 wiederholt. Diese Prophylaxe schützt dein Baby vor gefährlichen Blutungen, da Muttermilch nur wenig Vitamin K enthält.
Pulsoxymetriemessung: Herzfehler früh erkennen
Zwischen 4 und 24 Stunden nach der Geburt wird die Pulsoxymetrie durchgeführt. Hierbei misst ein kleiner Clip am Fuß deines Babys die Sauerstoffsättigung. Werte über 96 % gelten als unauffällig. Diese Untersuchung ist komplett schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden – dein Baby kann dabei auf deinem Arm bleiben.
Erweitertes Neugeborenenscreening: Seltene Krankheiten erkennen
In der 36. bis 72. Lebensstunde wird deinem Baby Blut aus der Ferse abgenommen. Diese sogenannte Trockenblutprobe wird auf seltene Stoffwechsel- und Hormonstörungen sowie Mukoviszidose untersucht. Wichtig: Ihr müsst dieser genetischen Untersuchung schriftlich zustimmen. Dein Arzt muss und wird dich vorher ausführlich darüber informieren.
Zu den getesteten Erkrankungen gehören neben vielen anderen:
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Phenylketonurie
- Adrenogenitales Syndrom (Störung der Hormonproduktion)
Auch wenn diese Erkrankungen sehr selten sind, ist es entscheidend, sie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Hörscreening: Gutes Hören für die Entwicklung
Das Hörscreening gehört ebenfalls zu den ersten Untersuchungen. Mit einem kleinen Schallimpuls wird getestet, ob dein Baby hören kann. Sollte das Ergebnis aufgrund von Käseschmiere oder Fruchtwasser nicht eindeutig sein, wird die Untersuchung später wiederholt. Das Gehör ist wichtig für die Sprach- und kognitive Entwicklung, weshalb diese Untersuchung empfohlen wird.
Vitamin D und Fluorid: Schutz für Knochen und Zähne
Für die Zeit zu Hause bekommt dein Baby Vitamin D, oft in Kombination mit Fluorid. Vitamin D ist wichtig für ein gesundes Knochenwachstum, da Babys wenig Sonnenlicht ausgesetzt sind. Die Gabe von Fluorid zur Zahnstärkung ist umstritten – sprich am besten mit deinem Zahnarzt, ob es für dein Baby sinnvoll ist.
Hüftultraschall: Frühe Diagnose von Hüftdysplasie
Der Hüftultraschall wird meist im Rahmen der U3 durchgeführt. Bei Risikofaktoren, wie Beckenendlage oder familiärer Vorbelastung, kann er bereits bei der U2 erfolgen. Früh erkannt, kann eine Hüftdysplasie gut behandelt werden.
Neu ab 2024: Die RSV-Impfung
Eine wichtige Neuerung ist die RSV-Impfung, die ab der U2 angeboten wird. Diese Antikörperimpfung schützt Neugeborene vor schweren Verläufen des Respiratorischen Synzytial-Virus, einer häufigen Infektion im Kleinkindalter.
Warum sind diese Untersuchungen wichtig?
Alle Untersuchungen und Prophylaxen dienen dazu, dein Baby vor vermeidbaren Risiken zu schützen und sicherzustellen, dass es gesund aufwächst. Natürlich liegt die Entscheidung bei dir – im Geburtsvorbereitungskurs findest du ausführliches Videomaterial auch zu den Untersuchungen nach der Geburt. Schau dir unbedingt diese Lektionen an, um selbstbewusst die beste Wahl für dein Baby treffen zu können.
Das erweiterte Neugeborenenscreening: Seltene Krankheiten früh erkennen
Eine der wichtigsten Untersuchungen in den ersten Lebenstagen ist das erweiterte Neugeborenenscreening. Zwischen der 36. und 72. Lebensstunde wird deinem Baby eine kleine Menge Blut aus der Ferse entnommen. Dieses wird auf eine Trockenblutkarte getropft und in ein spezialisiertes Labor geschickt, das die Probe auf zahlreiche seltene Stoffwechsel- und Hormonstörungen untersucht.
Warum ist das Screening so wichtig?
Diese Erkrankungen sind zwar selten, aber behandelbar. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht Therapien, die deinem Baby helfen, sich gesund zu entwickeln.
Welche Krankheiten werden getestet?
Hier eine Übersicht der Erkrankungen, die im Rahmen des Neugeborenenscreenings erfasst werden:
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
→ Führt unbehandelt zu Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen. - Phenylketonurie (PKU)
→ Stoffwechselerkrankung, bei der Phenylalanin aus der Nahrung nicht abgebaut wird. Ohne Therapie drohen geistige Entwicklungsstörungen. - Adrenogenitales Syndrom (AGS)
→ Eine Störung der Hormonproduktion, die zu gefährlichem Salzverlust führen kann. - Biotinidasemangel
→ Diese Erkrankung beeinträchtigt die Verwertung von Biotin, einem wichtigen Vitamin für Stoffwechselprozesse. Unbehandelt kann sie Krampfanfälle und Entwicklungsstörungen auslösen. - Galaktosämie
→ Betroffene Babys können Milchzucker (Galaktose) nicht abbauen. Das kann unbehandelt zu Leberschäden und Sehstörungen führen. - Ahornsirupkrankheit (MSUD)
→ Eine seltene Stoffwechselstörung, bei der bestimmte Aminosäuren nicht abgebaut werden können. - Mukoviszidose (zystische Fibrose)
→ Führt zu Problemen mit der Lunge und Verdauung. Eine frühe Diagnose verbessert die Behandlungsmöglichkeiten erheblich. - Glutarazidurie Typ 1 (GA1)
→ Diese Krankheit führt zu einer Anhäufung von Stoffwechselprodukten, die unbehandelt Hirnschäden verursachen können. - MCAD-Mangel
→ Eine Fettstoffwechselstörung, bei der der Körper in Fastenzeiten keine Energie aus Fett gewinnen kann. Unbehandelt kann das lebensbedrohlich sein. - LCHAD-Mangel
→ Ähnlich wie der MCAD-Mangel betrifft diese Erkrankung den Abbau von Fettsäuren und kann ohne Behandlung zu schwerwiegenden Komplikationen führen. - Isovalerianazidämie (IVA)
→ Eine Stoffwechselstörung, bei der der Körper die Aminosäure Leucin nicht richtig abbauen kann. - Holocarboxylase-Synthetase-Mangel
→ Führt unbehandelt zu Stoffwechselentgleisungen, Krampfanfällen und Entwicklungsproblemen. - Carnitinzyklusdefekte
→ Erkrankungen, bei denen der Körper Fett nicht richtig in Energie umwandeln kann. - Tyrosinämie Typ 1
→ Eine Stoffwechselstörung, bei der die Aminosäure Tyrosin nicht korrekt abgebaut wird und die Leber schädigen kann. - Ketoazidosekrankheiten (z. B. Methylmalonazidämie, Propionazidämie)
→ Seltene Krankheiten, bei denen Stoffwechselprodukte nicht richtig abgebaut werden und sich im Körper ansammeln. - Zystinose
→ Eine seltene Stoffwechselstörung, die zur Anhäufung von Cystin in den Zellen führt und Nierenprobleme verursacht. - Harnstoffzyklusdefekte
→ Krankheiten, bei denen Ammoniak nicht korrekt abgebaut wird, was zu Vergiftungen im Körper führen kann.
Ablauf des Neugeborenenscreenings
- Dem Baby wird Blut aus der Ferse entnommen.
- Die Trockenblutprobe wird in ein spezialisiertes Labor geschickt.
- Innerhalb weniger Tage liegen die Ergebnisse vor.
Das Screening erfolgt nur mit deinem schriftlichen Einverständnis. Vorher erklärt dir dein Arzt genau, welche Krankheiten getestet werden und warum das wichtig ist.
Zusätzliche Hinweise für Eltern
Wenn dein Baby zu Hause oder ambulant geboren wurde, kann das Neugeborenenscreening auch von deiner Hebamme durchgeführt werden – vorausgesetzt, ihr habt vorher die kinderärztliche Aufklärung erhalten.
Früh erkannt, lassen sich viele dieser seltenen Krankheiten gut behandeln. Selbst wenn dein Baby völlig gesund ist, gibt dir das Screening zusätzliche Sicherheit.
Hast du Fragen zum Neugeborenenscreening?
Schau die dazugehörigen Lektionen im Geburtsvorbereitungskurs an und lass dich von deinem Kinderarzt, vor der Geburt deines Babys beraten.